Eigenschaften von Brustimplantaten

(Stand März 2019)

Brustimplantate sind Medizinprodukte der Klasse III, d.h. mit hohem Risikopotential behaftet, wie z.B. auch künstliche Gelenke und Herzschrittmacher, denn sie verbleiben bei bestimmungsgemäßem Gebrauch länger als 30 Tage im Organismus.

Die Klassifizierung erfolgt nach den Regeln des Anhangs IX der Richtlinie 93/42/EWG.
Medizinprodukte werden demnach in die vier Klassen I, IIa, IIb und III unterteilt. Damit werden Brustimplantate der höchsten Risikogruppe zugeordnet.

Brustimplantate bestehen aus Silikon, einem hochwertigen Biomaterial, welches sich jedoch nach neuen Erkenntnissen insbesondere nach der Implantation im Organismus verändert. Damit ist die Haltbarkeit von Brustimplantaten begrenzt und die Entfernung bzw. der Wechsel bereits beim Einsetzen absehbar, eine entsprechend gute Lebenserwartung vorausgesetzt.

Implantat-Typen

Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Brust-Implantate. Sie unterscheiden sich

  • im Aufbau der äußeren Silikon-Hülle (mehrlagig, Sperrschichten)
  • bezüglich der Füllung im Innern (Silikon-Gel, Hydrogel, Salzlösungen)
  • in der Form (rund bis tropfenförmig)
  • in der Oberflächengestaltung (glatt, texturiert, PU-Schaum)
  • in der Größe (Volumen)

Leistungsspektrum​

  • Handchirurgie
  • Plastische und Wiederherstellungschirurgie Erkrankungen der Haut
  • Erkrankungen des Unterhautgewebes
  • Hals, Wangen, Lider
  • Nasen, Ohren, Lippen
  • Brustchirurgie
  • Oberarme Bauch, Bauchwand, Oberschenkel
  • Genitale

Verträglichkeit (Biokompatibiltät)

Grundsätzlich bestehen die verschiedenen Produkte ausnahmslos aus Fremdmaterialien. Bei biologischer Betrachtung handelt es sich um Fremdkörper. Entsprechend werden sie nach dem Einsetzen vom Bioorganismus in eine Bindegewebsmembran (Kapsel) eingeschlossen und damit vom Lebendigen abgegrenzt. Mit dieser Bindegewebs-Kapsel – nicht zu verwechseln mit der Silikon-Hülle – grenzt sich der Organismus vom künstlichen Material ab –er kapselt damit den Fremdkörper ein. Diese Grenzschicht kann erhebliche Probleme, so genannte unerwünschte Wirkungen, verursachen. Die schleichende, fortschreitende Fibrosierung der Bindegewebskapsel wird als „Kapselfibrose“ bezeichnet. Diese Veränderung, einhergehend mit Änderungen der „mechanischen“ Funktion des Implantates ist die häufigste Komplikation bzw. der häufigste Grund für eine Folgeoperation.

Unerwünschte Wirkungen

Bei den unerwünschten Wirkungen, die mit dem Einsetzen von Brustimplantaten verbunden sind, wurden in der Vergangenheit fast ausschließlich „mechanische“ Probleme berücksichtigt. Dazu zählen neben die Verhärtung des umgebenden Bindegewebes mit Deformierung des Implantates die Wanderung der Kissen in verschiedene Richtungen und die Ruptur der äußeren Silikonhülle des Implantates. Es handelt sich dabei um „lokale“ Komplikationen, also am Ort des Einsatzes. Zeitweise wurden in den Fachkreisen und auch in der Presse systemische Komplikationen – also fernab der Implantate – beschrieben wie z.B. Gelenkbeschwerden, Müdigkeit, Trockenheit der Schleimhäute, Autoimmunerkrankungen. Diese Kategorie von Beschwerden, früher mit „adjuvant disease“ bezeichnet, findet man heute im einschlägigen Schrifttum unter dem Sammelbegriff „silicone disease“.

Autoimmunerkrankungen durch Silikon

Die Auswertung einer Untersuchung, veröffentlicht im September 2018, mit nahezu 100.000 Frauen in USA aus den Jahren 1992 bis 2006 hat gezeigt, dass neben den vorgenannten Komplikationen im Bereich der Implantate auch mit Komplikationen fern der Implantate zu rechnen ist. Genannt wird in der Studie das vermehrte Auftreten von Erkrankungen des Bindegewebes in fernen Organen – Sjögren-Syndrom, rheumatoide Arthritis, Sklerodermie – aber auch die Auslösung von Fehlgeburten und schwarzem Hautkrebs. Betroffen von diesen ernsthaften Gesundheitsstörungen fernab der Implantate sind ca. 10% der Trägerinnen. Die vorgenannten mechanischen Probleme mit den Implantaten sind dabei nicht berücksichtigt.

Lymphosarkom (BIA-ALCL)

Seit 1997 wird in der wissenschaftlichen Literatur eine steigende Zahl von Gewebsveränderungen im unmittelbar umgebenden Gewebe um die Silikon-Implantate beschrieben, die als bösartige Entwicklung von Lymphzellen zu werten sind. Es handelt sich um das großzellige anaplastische Lymphosarkom, im internationalen Schrifttum kurz als BIA-ALCL bezeichnet, welches fast ausschließlich im der Umgebung von texturierten Silikon-Implantaten vorkommt. Eine Erklärung für das Auftreten dieser sehr seltenen, dramatischen Komplikation ist zurzeit nicht greifbar.

Die favorisierten Deutungen für alle bisher nicht verstandenen Komplikationen einschließlich Lymphosarkom beschäftigen sich mit bakteriellem Wachstum auf den Oberflächen der Silikon-Implantate. Die Argumente bzw. Begründungen dazu widersprechen sich.

Abgesehen von Fehlern beim Einbringen der Implantate gibt es keine überzeugenden wissenschaftlichen Begründungen für sämtliche vorgenannten Komplikationen.

Indikationen und fachärztliche Beratung​

Daraus ergibt sich die Frage, ob die Anwendung von Silikonkissen zur Körperformung medizinisch zu rechtfertigen ist, sei es zur Wiederherstellung nach Brustentfernung oder zum Aufbau von unterentwickelten Brüsten.

Am deutlichsten kann man das ermessen am Schicksal einer Ikone des Hollywood-Films, Angelina Jolie, die ihre gesundheitlichen Probleme der Öffentlichkeit mitteilte. Die Ärzte entdeckten bei ihr die Neigung zu Brustkrebs in beiden Brüsten und entfernten vorbeugend das Brustdrüsengewebe unter Erhaltung von Haut und Unterhautgewebe der Brust. Das Einsetzen von Silikonkissen als Ersatz für das verlorene Drüsengewebe war hier gerechtfertigt, und nur wenige Frauen würden diese Behandlungsoption zurückweisen. Nicht nur bei bösartigen Erkrankungen der Brust sondern auch bei schicksalshaften Veränderungen aus anderen Gründen oder Missbildungen (z.B. sog. Schlauchbrust) kann der Einsatz von Silikon-Implantaten eine sinnvolle medizinische Leistung sein.

Unabhängig vom Grund des Einsatzes sollte vor der Anwendung gegenüber der Patientin das oben beschriebene Risikopotential dargelegt werden. Damit ist dann auch klargestellt, dass Implantate nur für begrenzte Zeit im Organismus verbleiben können. Wie lange, ist ungewiss und nur statistisch zu erfassen. Im Einzelfall, z.B. bei Unverträglichkeit kann die Entfernung von Implantaten bereit kurzfristig nach dem Einsetzen erforderlich werden.

Daraus ergeben sich für Arzt und Patientin Konsequenzen.

  • Beratung und Aufklärung vor OP
  • Regelmäßige Visiten bzw. klinische Kontrollen
  • zur gegebenen Zeit Implantat-Wechsel oder ersatzlose Entfernung des Silikon-Implantates

Die Aufklärung über Implantat-Risiken setzt entsprechende Kenntnisse und Fortbildung von Seiten des Arztes voraus. Damit ist er befähigt, die von den Implantat-Herstellern bzw. –Verkäufern dargebotene Bewerbung ihrer Produkte objektiv und in Bezug auf das gewünschte klinische Ergebnis zu beurteilen. Dies ist weder einfach noch selbstverständlich, denn Werbung ist Weglassen von komplexen Zusammenhängen.

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Silikon-Skandale

Die Medizin ist keine exakte Wissenschaft. Es gibt auf dem Sektor Brust-Implantate kaum Beweise für bestimmte Behandlungsmethoden und nur wenige statistisch gesicherte Erkenntnisse. Vieles ist Meinung und wird mit „Erfahrung“ begründet. Es gibt so genannte „Trendsetter“ und eine Gemeinde der „Follower“. Trends stellten kurzfristige, von Werbung dominierte und von Medien unkritisch hochstilisierte Vorgehensweisen dar. Sie verflüchtigen sich u.U. schneller als die vorhergesehene Haltbarkeit des Implantates. Der Trend ist vorbei, doch die Implantat-Trägerin „trägt“ die Folgen in ihrer Brust. Typisch sind die Kontroversen über Implantate mit glatter oder texturierter Oberfläche, über die Lage auf oder „unter“ dem Brustmuskel und über die Formgebung rund oder tropfenförmig.

Geradezu beweisend für die Situation sind die immer wiederkehrenden Skandale und Affären um diese „Gegenstände weiblicher Begierde“:

  • 1992 der Silikon –Bann in USA
  • 1996 der Skandal um Sojaöl gefüllte Kissen, deren Inhalt ranzig wurde
  • 2010 der PIP-Skandal wegen nicht zertifizierten Silikon-Gels im Innern der Kissen
  • 2018 der Rückruf von texturierten Implantaten des Marktführers Allergan

Ein besonders kritischer Punkt ist die Informationspolitik der Hersteller und seiner Benannten Stellen (zuständig für die Prüfung der Produkte) und der Überwachungs- bzw. Zulassungsbehörden. Unter Vorgabe der Wahrung von Betriebsgeheimnissen ist es kaum möglich, umfassende Angaben zu den Produkten zu erhalten. Veröffentlicht werden Teilwahrheiten unter Weglassung negativer Erkenntnisse. Es wird hierzu regelrecht Geheimniskrämerei betrieben. Neuestes Ereignis 2018: die nicht erteilte Verlängerung des CE-Zeichens für bestimmte Produkte des Herstellers Allergan durch die französische Behörde ansm und der Rückruf der noch nicht implantierten Produkte.

Weiterführende Infos