Dtsch Arztebl 2010; 107(49): A-2444 / B-2116 / C-2076
Teichert-Barthel,
Ute; Eikmann,
Thomas; Exner,
Martin
27.12. 2010
Cui bono?
Mir fällt auf, dass die Zahl der nosokomialen Infektionen im
Lande mit der Zahl der Hygienefachleute und der Zahl der RKI-Richtlinien
zugenommen hat. Man könnte daraus folgern, dass es einen ursächlichen
Zusammenhang zwischen den öffentlichen Bemühungen und der Ausbreitung der
Seuche gibt. Wie ist die positive Rückkopplung im komplexen System zu
verstehen? Grundsätzlich lassen sich öffentlichen Strukturen durch drei
Gesetzmäßigkeiten hinreichend beschreiben: Murphy´s
law, Peter principal und Parkinsons Gesetz. Murphy´s
law taugt hier nicht zur Erklärung,
eher schon das Peter principal.
Aufgrund jüngster praktischer Erfahrungen mit Gesundheitsbehörden und
Hygienesachverständigen überzeugt mich letztlich Parkinsons Gesetz zur Erklärung dieser Entwicklung. Es beschreibt
einen alt bekannten Aspekt des öffentlich-rechtlichen Systems: primär geht es
um die Verwaltung des Notstandes und damit verbunden um die Ausweitung von
Kompetenzen der öffentlich Bediensteten – in neuerer Zeit flankiert von umsatz-
und körperschaftssteuerträchtiger Lobby-Arbeit der Industrie und spezieller
Dienstleister. Hygiene – wie sie
zur Lösung des Problems erforderlich ist – liegt aber weiterhin buchstäblich in
den Händen des heilkundlich tätigen Arztes und seiner Helfer. Sie erschließt
sich nicht wirklich aus Druckerzeugnissen von Behörden und aus Meinungen ferner
Hygienegutachter, die wissenschaftliches Denken in Algorithmen umzusetzen
versuchen und damit zwangsläufig die oben genannte Staatsraison bedienen. Beispiele
sind die untauglichen Vorschriften zum Umgang mit Kanülen und die
Heiligenscheinhygiene mit den Gummihandschuhen. Wer immerzu abstrakte
Gefährdungen zur Begründung aufwändiger Hygienemaßnahmen bemüht, muss sich
nicht wundern, wenn er konkret scheitert. Langfristig wirkt sich das
inflationär aus und ruiniert die Volkswirtschaft, denn es fehlt an echter Wertschöpfung.