Good night Mr. Parkinson

(Leserbrief zu Hessisches Ärzteblatt 5/2019 S. 302 – 303)

Der Schweizer Psychiater Eugen Bleuler (Autismus) veröffentliche von 100 Jahren ein Buch mit dem Titel „Das autistisch-undisziplinierte Denken in der Medizin und seine Überwindung“. Es ist nach wie vor im Buchhandel erhältlich. Die Botschaft des Autors hat sich offensichtlich nicht nachhaltig verfestigt, wie das im Hessischen Ärzteblattes widergegebene Interview mit Dr. med. Kevin Schulte zur Burn-Out Gefährdung von Angestellten im Krankenhaus zeigt.
Selbst wenn die Erhebung repräsentativ und es zweifelsfrei nachgewiesen wäre, dass 70% der jungen angestellten Ärzte und Pflegekräfte gefährdet sind, einen Burn-Out zu erleiden, ist der Rückschluss kühn, dies sei durch die Verhältnisse am Arbeitsplatz bedingt, so als gäbe es nicht eine große Auswahl an anderen möglichen Ursachen. Der Interviewte berichtet über Erhebungen bei Seinesgleichen mit Hilfe von Fragebögen und leitet die Evidenz seiner Ausführungen aus Modellvorstellungen ab. Als Beweis bietet er ein Mehrheitsvotum von gleichgesinnten Interessensverbänden an und: Die von uns allen teuer finanzierte bürokratische Doppelstruktur Berufsgenossenschaft BGW kann nicht irren! Burn-Out als Berufskrankheit wäre die logische Folge – mit Beitragserhöhung im Schadensfall, oder/und CO2 Steuer wegen abstrakten Abbrennens geistiger Trockengebiete.
Wo bleibt die Diskussion der historischen Entwicklung des Systems in den letzten Dekaden, z.B. die Zunahme der Frauenquote in der Ärzteschaft oder der numerus clausus (NC)? Diagnose ohne Anamnese? Wenn man behauptet, die Richtigen seien am „falschen“ Arbeitsplatz, so muss man zwangsläufig – analog zu den Fragen im schriftlichen Staatsexamen – weiter fragen: sind vielleicht die Falschen am richtigen Arbeitsplatz, oder gar die Falschen am falschen Arbeitsplatz.
Die Fragwürdigkeit der Aussagen ist vergleichbar mit Berichten – u.a. des Spiegels lange vor C. Relotius – über den Trend, dass mehr Studentinnen aus finanzieller Not ihren Lebensunterhalt durch Prostitution bestreiten müssten. Die näherliegende Erklärung, dass vermehrt Prostituierte ins Studium gelangt sein könnten, wurde nicht diskutiert. Immerhin bedarf es für diese Art Studentenjob einer besonderen Mentalität. Die Nachricht ist damit wertlos, bestenfalls agitatorisch.
Burn-Out Gefährdung bedarf ebenfalls besonderer mentaler Voraussetzungen. Es wäre in Bezug auf die angebliche Dissoziation von Arzt und Arbeitsplatz zumindest zu hinterfragen, welche Mentalitäten und welche Motivation hatten und haben die Generationen X und Y, um sich in Kenntnis erheblicher Missstände, wie z.B. der Arbeitszeiten und des extremen NC, ins Medizinstudium zu drängen? Vielleicht haben jetzt 70% der heute in der Medizin Tätigen erkannt, dass sie vor Jahrzehnten die falsche Entscheidung getroffen haben, weil sie die ihnen obliegende Aufgabe im Kontext mit der gesellschaftlichen Entwicklung falsch einschätzten, eine Folge von illusionärem, autistisch-undiszipliniertem Denken, welches sich nun in anderen sozial-romantischen, weiterhin inkongruenten Zielvorstellungen fortsetzt, ein Hinweis auf Indoktrination bzw. Missbrauch.
Der offenbare Realitätsverlust bei den Betroffenen und die Proklamation einer neuen Illusion die die alte, inzwischen obsolete ersetzt, provoziert die Frage, ob Abhilfe durch Änderungen der Grundstrukturen des „Arbeitsplatzes“ Krankenhaus durch deren Protagonisten und Hilfstruppen überhaupt angestrebt wird. Geht es nicht vielmehr um die grundlegende Änderung der Staatsraison, d.h. des politischen Willens? So liest man es zwischen den Zeilen. Ein neuer Notstand wird „ausgemacht“, der von zahlreichen staatlichen und nicht staatlichen Organisationen „verwaltet“ werden kann, einschließlich Allokation finanzieller Ressourcen zur Finanzierung weiterer „Bündnisse gegen Unmenschlichkeit am Arbeitsplatz“, eines Burn-Out Komitees und Burn-Out Beauftragten und der Burn-Out „Forschung“ sowie sonstiger bürokratischer Staffage. Dahinter verbirgt sich nicht mehr die praktische Umsetzung von Parkinson´s Gesetz sondern das Ende jeglicher Gestaltung auf dem Weg in den Kollektivismus.

Comments are closed.